Zwei Propheten mit unbekanntem Wappen (Oppenheim, Katharinenkirche)

Zwei Propheten mit unbekanntem Wappen. Qhs. n VII, Nr. 23. Köln, um 1500
Katalog
Von Uwe Gast
Abmessungen
H. 74,5 cm, B. 54,5 cm. – Feld 9b. – Hunecke 1988, S. 246–249; Rauch 1994, I, S. 79f., Nr. 18; Rehm 1999, Nr. 318.
Inschriften
Die Bibelverse auf den Spruchbändern der Propheten jeweils in gotischer Minuskel, mit einer dreifachen Punktreihe als Worttrenner; links: Ascendit . et . incubui[t .] helÿseus sup(er) / pueru(m) . posuitq(ue) . os . [suu]m . sup(er) . os . eius / et . oscitauit <: vivo>430 septies. 4.to regu(m) 4.to (nach IV Rg 4,34f.); rechts: procidit aute(m) abÿgail sup(er) facie(m) sua(m) [et] / adorauit . ad . pedes dauid dice(n)s [in] / me sit d(omi)ne h(aec) i(n)iq(ui)tas p(rim)o r(e)gu(m) x[xvo] (nach I Sm 25,23f.).
Erhaltung
In Geisenheim noch annähernd intakt (vgl. Fig. 294), musste das Spitzbogenfeld für den Einbau in Oppenheim oben leicht und im unteren Viertel an den Seiten deutlich beschnitten werden, sodass die feingliedrige Architektur vor allem dort nicht mehr komplett ist und mehrere Stücke erneuert sind (Datierung unsicher). Teilweise ergänzt ist außerdem das Spruchband des Propheten links, am Spruchband des rechten Propheten ist ein kleines Stück verloren; erneuert ist schließlich die Engelsfigur in der Spitze. Viele Sprünge und massive Verluste der Schwarzlotkonturen beeinträchtigen zusätzlich den Erhaltungszustand431
Ikonografie, Komposition
Wie in Nr. 17 zwei Prophetenhalbfiguren in einer Doppelarkade unter einem Engel mit Wappen in der Spitze. Das Wappen – geteilt; oben eine goldene Eiche, unten eine liegende Heugabel – ist von Ernst aus’m Weerth auf die Kölner Familien R(h)eidt und Kinckius bezogen worden; beider Wappenbilder weichen jedoch von den heraldischen Motiven des vorliegenden Wappens so stark ab, dass dessen Identifizierung im Sinne Weerths nicht möglich ist432. Die den Propheten beigegebenen Verse beziehen sich auf Ereignisse des Alten Testaments, die in Rechteckfeldern unter den Propheten dargestellt gewesen sein müssen: zum einen auf die Auferweckung des toten Kindes der Sunamitin durch Elisäus, die in der Scheibe Nr. 25 auch erhalten ist, zum anderen auf die Begegnung Abigails und Davids in der Wüste Maon. Erstere Darstellung ist der Typus für die Auferweckung des Lazarus433, die in der Prophetenscheibe Nr. 24 memoriert wird und in der Scheibe Nr. 26 auch erhalten ist. Letztere (verlorene) Darstellung – Abigail vor David – wurde hier entgegen der gebräuchlichen typologischen, auf Maria bezogenen Auslegung, wie sie in der Biblia pauperum und im Speculum humanae salvationis verbildlicht wurde434, als Typus des Gastmahls im Hause Simons (Nr. 27) interpretiert, indem die sich vor die Füße Davids werfende, ihre Schuld bekennende Figur der Abigail formal mit der Figur der Sünderin gleichgesetzt worden ist435.
Farbigkeit
Vor blauem Hintergrund in Grisaille die Propheten mit ihren Spruchbändern und – soweit dies an den originalen Resten noch zu erkennen ist – auch die Figur des Engels mit dem Wappen; allein das Birett des links erscheinenden Propheten ist durch rotes Glas ausgezeichnet. In der Architektur, in Kleidung und Accessoires der Figuren, in den Spruchbändern und im Wappen Silbergelb.
Bildnachweis
Worms, StA, Nr. M 1166a; CVMA A 10921
Nachweise
Fußnoten
- Falsch ergänzt anstelle von puer (Fig. 294). ↑
- Am roten Birett des Propheten links hat Rauch 1994, I, S. 80 (Nr. 18), außerdem eine auffallende Craquelé-Bildung festgestellt. ↑
- Weerth 1888, S. 265, Anm. 6. Übernommen bei Hunecke 1988, S. 247, 295, Anm. 151, Rauch 1994, I, S. 79 (Nr. 18), und Rehm 1999, S. 599 (Nr. 318) mit Anm. 30 (zu Recht mit einem Fragezeichen versehen). Zwar bezieht Weerth sich auf A(nton) Fahne, Geschichte der Kölnischen, Jülichschen und Bergischen Geschlechter in Stammtafeln, Wappen, Siegeln und Urkunden, 2 Bde., Köln/Bonn 1848/1853, hier I, 1848, S. 355 (Nr. 4) und S. 224, doch geht er auf die Abweichungen der Motive mit keinem Wort ein. ↑
- Vgl. hierzu Elisabeth Lucchesi Palli/Lidwina M. M. Hoffscholte, Art. »Elisäus«, in: LCI, I, 1968, Sp. 613–618, hier Sp. 615, und Rehm 1999, S. 257. ↑
- Robert L. Wyss, Art. »David«, in: RDK, III, 1954, Sp. 1083–1119, hier Sp. 1099, 1100. ↑
- Hans Aurenhammer, Lexikon der christlichen Ikonographie, I: Alpha und Omega – Christus und die 24 Ältesten, Wien 1959–1967, S. 16. Ebendiese typologische Gegenüberstellung findet sich nur in den Reihen des Pictor in carmine; s. Rehm 1999, S. 260. Vgl. hierzu: Pictor in carmine. Ein Handbuch der Typologie aus der Zeit um 1200. Nach MS 300 des Corpus Christi College in Cambridge, hrsg. von Karl-August Wirth (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 17), Berlin 2006, S. 199f., Nr. LIX. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011, 398 [= 23. Zwei Propheten mit unbekanntem Wappen]
Siehe auch
Extern
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Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Zwei Propheten mit unbekanntem Wappen (Oppenheim, Katharinenkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/134-1-18-07_zwei-propheten-mit-unbekanntem-wappen-oppenheim-katharinenkirche> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
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