Rechteckfeld mit eingeflicktem Monatsbild (Oppenheim, Katharinenkirche)

 
Datierung
um 1290/1300
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Katalog

Von Uwe Gast

Abmessungen

H. 93,5 cm, B. 76,5 cm.

Erhaltung

Die Scheibe weist im Teppichgrund und im Medaillon mittelalterlichen Glasbestand auf. Letzteres erweist sich allerdings aufgrund seines blauen Hintergrundes und der dargestellten Szene als Einflickung aus einem anderen ikonografischen Kontext (s.u.). Die originalen Stücke sind durch Lochfraß und Korrosionskrusten in der Durchsicht beeinträchtigt und haben ihre Schwarzlotmalerei und -zeichnung z.T. verloren; der Medaillonrahmen und große Teile der Bordüre rechts wurden 1856 und 1982 erneuert.

Ikonografie, Komposition

Im Zentrum des Medaillons steht, verhalten nach rechts aus der Mittelachse gerückt, ein bäuerlich gekleideter Mann, der einen Ochsen an den Hörnern packt, während ein zweiter, links stehender, ähnlich gekleideter Mann sich zurückdreht und mit einem länglichen Gegenstand zum Schlag ausholt. Bereits von Otto Bonhard als »Jakobs Flucht« gedeutet, haben bisher alle Autorinnen und Autoren in der vorliegenden Darstellung eine alttestamentliche »Reiseszene« (U. Brinkmann) gesehen, sei es aus dem Leben Jakobs oder, neuerdings, aus dem Leben Tobias’146. Es ist jedoch deutlich zu erkennen, dass die Figuren sich nicht fortbewegen, sondern mit der Schlachtung eines Tieres beschäftigt sind – ein Motiv, das allgemein aus Bildern zu den Monatsarbeiten November und Dezember bekannt und – später – auch in ähnlichen Kompositionen überliefert ist (Fig. 198)147. Die Darstellung ist daher nicht als alttestamentliche Szene zu deuten, sondern als alleiniger Rest eines verlorenen, im Figurenmaßstab auch größeren Monatsbildzyklus, der in den Teppichgrund eingeflickt wurde.

Farbigkeit

Die Figur rechts der Mitte trägt ein gelbbraunes Gewand und helle, grünliche Beinkleider; die Figur links trägt ein violettes Gewand, dazu einen hellen, grünlichen Überwurf sowie braune Beinkleider. Gesichter und Hände beider Figuren sind fleischfarben und hellbraun. Das Tier ist rötlich braun. Hintergrund blau.

Stil, Datierung

Da der anhand der Darstellung zu erschließende Monatsbildzyklus nicht im Hauptchor, sondern nur in einem Fenster der Nebenchöre oder im Querhaus eingesetzt gewesen sein kann (vgl. Rekonstruktion, ikonografisches Programm S. 283), lässt sich für das Medaillon eine etwas spätere Entstehung annehmen, die sich nicht zuletzt in der gegen 1300 tendierenden Figurenauffassung widerspiegelt. – Mittel- oder Oberrhein, um 1290–1300.

Bildnachweis

CVMA A 59/115, G 9131 (vR), G 9502 (nR), G 9521 (nR, Detail), Großdia G III 145

Nachweise

Fußnoten

  1. Bonhard 1892, S. 19; Becksmann 1989, S. 364; Rauch 1997, S. 14, 124f.; Brinkmann 2008, S. 151, 154.
  2. Das Motiv ist in Monatsbildzyklen des Hoch- und Spätmittelalters häufig vertreten, in der Portalskulptur ebenso wie in der Glas- und, vor allem hier, in der Buchmalerei; s. hierzu zuletzt Hourihane 2007 (wie Anm. 106), Fig. 322, 329, 352, 360f. Örtlich und zeitlich nahe liegende Beispiele sind die Dezember-Monatsbilder am südlichen Westportal der Kathedrale Notre-Dame in Straßburg (um 1280/90) und aus der ehem. Dominikaner-Klosterkirche in Freiburg (um 1280/90; heute im Münster, Fenster S XIV); s. hierzu Otto Schmitt, Gotische Skulpturen des Straßburger Münsters, Frankfurt/M. 1924, II, Taf. 155, bzw. Geiges 1931–1933, Abb. 756f., sowie nächstens Rüdiger Becksmann, Die mittelalterlichen Glasmalereien in Freiburg im Breisgau (CVMA Deutschland II,2). Während hier wie dort jeweils nur ein Bauer das Tier schlachtet, sind in Oppenheim zwei Bauern mit der Schlachtung beschäftigt. Diese mehr erzählerische Variante wurde erst im Spätmittelalter häufiger dargestellt, wofür die Illustration zum Monat Dezember im Kalender des Astromomen Johannes von Gmunden († 1442) ein schönes Beispiel darstellt (Schr. 1903; Fig. 198).

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011, 295 f. [= 7a. Rechteckfeld mit eingeflicktem Monatsbild]

Siehe auch

Extern

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Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Rechteckfeld mit eingeflicktem Monatsbild (Oppenheim, Katharinenkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/134-1-02-05_rechteckfeld-mit-eingeflicktem-monatsbild-oppenheim-katharinenkirche> (aufgerufen am 26.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/134-1-02-05

Rechteckfeld mit eingeflicktem Monatsbild: ES [= Erhaltungsschema] Chor s II, 7aMonatsbild mit Schlachtszene. Oppenheim, Katharinenkirche, Chor s II, 7a. Mittel- oder Oberrhein, um 1290-1300Monatsbild Dezember aus dem Kalender des Johannes von Gmunden, um 1470 (Schr. 1903)