Hessen-Kassel, Moritz Landgraf von

Hessen-Kassel, Moritz Landgraf von
Andere Namen
Weitere Namen
Hessen, Moritz der Gelehrte%Landgraf von@der Beiname der Gelehrte ist erst für die Mitte des 18. Jahrhunderts belegt.
Wirken
Werdegang
- 4.5.1579 Immatrikulation an der Universität Marburg
- 1592-1627 Regierender Landgraf zu Hessen
- 1610 Einrichtung eines Labors und technischer Werkstätten
- 17.3.1627 Abdankung
- Nach dem Tod in Eschwege am 22.3.1627 nach Kassel überführt und dort am 3.5.1632 in der Martinskirche beigesetzt.
Funktion
- Hessen-Kassel, Landgrafschaft, Landgraf, 1592-1627
Werke
Familie
Vater
Mutter
Partner
- Solms-Laubach, Agnes Gräfin von, 1578–1602, Verlobung 3.9.1593, Heirat (Beilager) Kassel 23.9.1593
- Nassau-Dillenburg, Juliane Gräfin von, 1587–1643
Verwandte
- Nassau-Weilburg, Anna Maria Gräfin von <Schwester>, 1567–1626
- Holstein-Schaumburg, Hedwig Gräfin von <Schwester>, (1569-1644)
- Sachsen-Eisenach, Christine Herzogin von <Schwester>, (1578-1658)
- Hessen-Kassel, Otto Landgraf von <Sohn>, (1594-1617)
- Mecklenburg, Elisabeth Herzogin von <Tochter>, (1596-1625)
- N.N. <Sohn>, totgeborener Prinz, * † 24.1.1597
- Hessen-Kassel, Moritz Landgraf von <Sohn>, 1600-1612)
- Hessen-Kassel, Wilhelm V. Landgraf von <Sohn>, (1602-1637)
- Hessen-Kassel, Philipp Landgraf von <Sohn>, (1604-1626)
- Anhalt-Dessau, Agnes Fürstin von <Tochter>, (1606-1650)
- Hessen-Kassel, Hermann Landgraf von <Sohn>, (1607-1658)
- Salm-Reifferscheidt, Magdalena Altgräfin zu <Tochter>, (1611-1671)
- Hessen-Kassel, Moritz Landgraf von <Sohn>, (1614-1633)
- Schaumburg und Lippe, Sophia Gräfin zu <Tochter>, (1615-1670)
- Hessen-Eschwege, Friedrich Landgraf von <Sohn>, (1617-1657)
- Hessen-Kassel, Christian Landgraf von <Sohn>, (1622-1640)
- Hessen-Rheinfels-Rotenburg, Ernst I. Landgraf von <Sohn>, 1623-1693)
Nachweise
Literatur
- Allgemeine deutsche Biographie, Bd. 22, Leipzig 1885, S. 268-283 (Max Lenz)
- Neue deutsche Biographie, Bd. 18, Berlin 1997, S. 136-139 (Fritz Wolff)
- Ulrike Hanschke, Zwischen „Abriss“ und „Invention“. Nordhessen in den Zeichnungen des Landgrafen Moritz, Kassel 2017
- Knetsch, Haus Brabant, Darmstadt 1931, S. 96
- Franz, Das Haus Hessen. Ein biographisches Lexikon, Darmstadt 2012, Nr. HK 5, S. 83-86 (Holger Th. Gräf)
- Kassel Lexikon, hrsg. von der Stadt Kassel, Bd. 2, Kassel 2009, S. 80 (Fritz Wolff)
- Strieder, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte, Bd. 9, Kassel 1794, S. 176-200
- Kerstin Merkel, Die Besichtigung von Kassel – Reisekultur im 18. Jahrhundert, Heide Wunder u.a. (Hg.), Kassel im 18. Jahrhundert. Residenz und Stadt, Kassel 2000, S. 15-46, hier S. 36
Bildquelle
Leben
Aus der Biografie
Als erster Sohn des angesehenen Vaters Wilhelm, den man „den Weisen“ nannte, wurde Moritz bewusst als Thronerbe und Nachfolger erzogen. Die wissenschaftlichen Interessen des Vaters erlebten bei ihm eine nochmalige Steigerung, sodass der Kasseler Hof während seiner Regierungszeit ein Zentrum naturwissenschaftlicher Forschung wurde. Die ausgeprägte Neigung zu den schönen Künsten führte unter anderem zur Gründung einer ansehnlichen Hofkapelle, aus der neben anderen Heinrich Schütz, einer der bedeutendsten deutschen Komponisten der Zeit, hervorging, aber auch zum Ausbau der Kunst- und Wunderkammer. Mit dem nach dem ältesten Sohn benannten Ottoneum entstand 1604–1606 der erste feste Theaterbau in Deutschland überhaupt. Der Bau des Lustschlosses auf dem Weißenstein (der späteren Wilhelmshöhe) und der Lustgarten in der Fuldaaue (später Karlsaue) wurden richtungweisend für den künftigen Generationen vorbehaltenen Ausbau Kassels zur neuzeitlichen Residenzstadt. Die 1598 von Moritz gegründete Hofschule wurde zur Ausbildungsstätte des Adels und der Beamtenschaft, zog aber auch ausländische Schüler nach Kassel. Von 1598 bis 1622 veröffentlichte Wilhelm Wessel, der erste Hofbuchdrucker in Kassel, mehrere hundert Druckschriften: neben den Werken Wilhelm Dilichs meist Schulbücher und vom Landgrafen in Auftrag gegebene gelehrte Abhandlungen für das Collegium Mauritianum. 1623 wurde Moritz Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft. Er beherrschte neun Sprachen, komponierte, dichtete deutsche und lateinische Verse und schrieb theologische und philosophische Abhandlungen. Medizinische und naturwissenschaftliche Forschungen, in den letzten Lebensjahren allerdings fast nur noch im Umfeld der Alchimie, brachten ihm den Beinamen „der Gelehrte“ ein. Die Hochzeit mit Agnes von Solms-Laubach im Jahre 1593 und die Taufen ihrer Kinder, insbesondere von Elisabeth, für die noch einmal Königin Elisabeth I. von England als Patin gewonnen werden konnte, boten Anlass für aufwendige höfische Feste, die Wilhelm Scheffer gen. Dilich, in seinen Werken dokumentierte. Aus der ersten Ehe gingen neben einem totgeborenen Prinzen vier Kinder hervor: Otto (1594–1617), Elisabeth (1596–1625), Moritz (1600–1612) und der Nachfolger Wilhelm V. (1602–1637). Belastete bereits das engagierte Mäzenatentum die landgräfliche Schatulle, so führte die nicht minder ambitionierte Außen- und Militärpolitik zu erheblichen finanziellen Engpässen. Anfangs folgte Moritz noch dem ausgleichenden Kurs seines Vaters. Angesichts der Bedrohung des Reichsgebiets durch die Hugenottenkriege und den niederländischen Unabhängigkeitskampf schwenkte er jedoch ab Mitte der 1590er Jahre auf einen Aktionskurs ein, der 1598 in das militärische Desaster vor dem spanisch besetzten Rees am Niederrhein führte und die Landgrafschaft mit einem Schuldenberg zurückließ. Aus dieser Erfahrung trieb Moritz nach nassau-oranischen Vorbildern ab 1600 ein Defensionswerk voran, das ihm eine starke Armee ohne teure Söldnertruppen verschaffen sollte. Die territoriale Arrondierungspolitik war erfolgreich in der Reichsabtei Hersfeld, für die 1606 sein Sohn Otto als Administrator eingesetzt wurde; sie sollte 1648 endgültig an Hessen-Kassel fallen. Gescheitert sind indes 1615/21 die Ambitionen auf die Grafschaft Waldeck. Weitreichende Folgen hatte der 1605 offen vollzogene Übertritt des Landgrafen zum Calvinismus, der auch als Reaktion auf den Streit mit seinem Darmstädter Vetter um das Erbe des 1604 kinderlos verstorbenen Ludwig IV. von Hessen-Marburg gesehen werden kann. Ein weiterer Grund für diesen Schritt dürfte die mit insgesamt 14 Kindern – darunter die Landgrafen Hermann, Friedrich, Christian und Ernst – reich gesegnete Zweitehe mit Juliane aus der dezidiert reformierten Nassau-Siegener Grafenfamilie gewesen sein. Der Bildersturm und die Konflikte mit den lutherischen Theologen und Professoren in Marburg führten dazu, dass Hessen-Kassel ab 1605 als Protagonist der calvinistischen Aktionspartei im Reich angesehen wurde. Moritz hielt sich zwar der unter kurpfälzischer Führung 1608 gegründeten Union zunächst noch fern. Als aber Kurbrandenburg 1610 dem protestantischen Militärbündnis beitrat, vollzog auch er diesen Schritt. Politische Erfolge bzw. Signale waren die Vermittlung des Dortmunder Vergleichs im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit 1609 und die Teilnahme hessischer Theologen an der Synode von Dordrecht 1618. Weitgespannte außenpolitische Beziehungen nach Schweden, England, Frankreich und in die Niederlande führten jedoch nicht zu substantiellen Bündnissen. Das Eintauchen in das europäische Mächtespiel verschärfte das ohnehin angespannte Verhältnis zur hessischen Ritterschaft sowie mit den alten Räten, die Moritz in dem 1605 eingerichteten Geheimen Rat zunehmend durch Landfremde ersetzte. Sein Festhalten an der pfälzisch-böhmischen Sache nach dem Desaster am Weißen Berg 1620 und die Einquartierung von Liga-Truppen nach dem für Kassel ungünstigen Reichshofratsurteil im Marburger Erbschaftsstreit spitzten die Situation ab 1623 weiter zu. Als die Landstände hinter dem Rücken des Landgrafen mit dem Liga-Feldherrn Tilly verhandelten, während Moritz an den norddeutschen Fürstenhöfen erfolglos um Unterstützung warb, kam es zum endgültigen Bruch. Auf Drängen der Stände und Räte, aber auch Landgräfin Julianes, dankte Moritz schließlich am 17. März 1627 verbittert ab. Die Hinrichtung seines Günstlings und engsten Vertrauten, des bei der Ritterschaft wie bei Sohn Wilhelm verhassten Dr. Wolfgang Günther, im Jahr darauf konnte er nicht verhindern. Die letzten Lebensjahre verbrachte er zunächst in Frankfurt am Main, auf rastlosen Reisen und ab 1630 vor allem in Eschwege. Erst auf dem Sterbebett söhnte er sich mit seiner Familie aus, mit der er in seinen letzten Jahren wegen Geld, Hausrat, Kindererziehung und seinen Einmischungsversuchen im Dauerkonflikt gelegen hatte. Holger Th. Gräf (Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 83-86) Nur wenig bekannt ist, dass sich zahlreiche Zeichnungen von seiner Hand erhalten haben. Sie gehören zu einer Sammlung von architektonischen Zeichnungen, die 1786 von der Kriegs- und Domänenkammer in die landgräfliche Bibliothek in Kassel eingeliefert wurden und noch heute in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel aufbewahrt werden. Ulrike Hanschke
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Quellen und Materialien
Extern
Biografische Angebote
- Allgemeine Deutsche Biographie: Öffnet in neuem Fenster
- Neue Deutsche Biographie: Öffnet in neuem Fenster
- Index Deutsche Biographie: Öffnet in neuem Fenster
- Digitaler Portraitindex der druckgraphischen Bildnisse der Frühen Neuzeit: Öffnet in neuem Fenster
- Virtuelles Kupferstichkabinett: Öffnet in neuem Fenster
- Kalliope - Verbundkatalog Nachlässe, Autographensammlungen und Verlagsarchive: Öffnet in neuem Fenster
- GESA = Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten: Öffnet in neuem Fenster
- Wikipedia: Öffnet in neuem Fenster
- Objektdatenbank KHK = Objektdatenbank Hessen Kassel Heritage: Öffnet in neuem Fenster
- Hessen im 19. und 20. Jahrhundert
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildung: siehe Angaben unter Bildquelle
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Hessen-Kassel, Moritz Landgraf von, “, in: Hessische Biografie <https://lagis.hessen.de/de/personen/hessische-biografie/alle-eintraege/5724_hessen-kassel-moritz-landgraf-von> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/bio/5724