Schiffenberg, Kloster

Gründungsjahr 1129  
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Gemarkung
Gießen
Landkreis
Gießen

Basisdaten

1129 gründet Gräfin Clementia von Gleiberg auf dem Bergplateau des Schiffenbergs bei Gießen ein Augustiner-Chorherrenstift. Vor 1239 wird diesem ein Frauenkonvent angegliedert. Zwischen 1280 bis 1285 ziehen die Chorfrauen in eigene Gebäude am Südhang des Berges, die Augustinerchorherren versehen im Auftrag des Erzbischofs von Trier Pfarraufgaben. 1323 übergibt Erzbischof Balduin von Trier das Kloster dem Deutschen Orden. Dieser wird 1809 aufgelöst und damit die Niederlassung des Ritterordens auf dem Schiffenberg.

Orden

Augustiner-Chorherren; Deutscher Orden

Ordensprovinz

Ballei Hessen

Alte Diözesanzugehörigkeit

Kirchenprovinz Trier, Erzdiözese Trier, Archidiakonat St. Lubentius zu Dietkirchen

Typ

Chorherrenstift

Territorium

  • Um 1122: Gründung durch die Herren von Gleiberg als Vögte in Schiffenberg
  • 1323: Übergang an die Deutschordenskommende Marburg
  • 1328: Übergang der Gerichtsrechte an Nassau.
  • 1393: Hochgerichtbarkeit in hessisch-landgräflichen Händen [Wyss, UB Deutscher Orden 3, S. 309-311 Nr. 1253]
  • 1787: Hoch- und Deutschmeister, Ballei Hessen, unter der Landeshoheit des Landgrafen von Hessen-Darmstadt (Anteil am Fürstentum Oberhessen)
  • 1809: Aufhebung des Deutschen Ordens durch Kaiser Napoleon und Zuweisung an das Großherzogtum Hessen
  • 1939 verwaltungstechnisch, 1972 auch besitzmäßig von der Stadt Gießen übernommen

Historische Namensformen

Benennung der Institution

Augustiner-Chorherren
Deutscher Orden

Lagebezug

4,5 km südöstlich von Gießen

Lage

Das Kloster liegt auf einem nach drei Seiten steil abfallenden Bergsporn von 280 m Höhe. Es befindet sich 5 km in südöstlicher Richtung von Gießen entfernt.

Geschichte

Das Augustinerchorherrnstift zur hl. Maria im Wiesecker Wald wird durch die Gräfin Clementia, Witwe Konrads I. von Luxemburg, Gemahlin des Grafen Gerhard von Geldern, auf Gleibergischem Besitz, gegründet und von Kloster Springiersbach (nördlich von Kröv an der Mosel) aus mit Mönchen besetzt.
1129 erneuert der Erzbischof von Trier in einer Urkunde die Stiftung der Gräfin Clementia von Gleiberg auf dem Schiffenberg und weiht im Sommer die Kirche ein. Das Stift vergrößert seinen Besitz durch weitere Schenkungen des regionalen Adels, wie einen Weinberg in Lahnstein und baut Mühlen. 1139 werden keinerlei Seelsorgerechte für die Stiftsherren in den umliegenden Dörfern erwähnt. Für das 13. Jahrhundert wird die Konkurrenz zum nahe gelegenen neuen Augustinerchorfrauenstift Zella entscheidend. 1239 verweist eine Schenkungsurkunde des Grafen Wilhelm von Gießen noch auf eine gemeinsame Verwaltung von Besitz und Einkommen der beiden Klöster und einen gemeinsamen Konvent. 1258 berichtet die sog. „Kämmerer-Urkunde“, die einen Kämmerer einführt, der klare Vorschriften über Kleiderzuweisungen und Entlohnung für priesterliche Tätigkeiten macht, von Vorwürfen über die Missachtung der Augustinerstiftsregeln. 1264, bestätigt nochmals 1274, wird in einem Gerichtsverfahren der Besitz zwischen den Chorfrauen und Chorherren aufgeteilt. Das Nonnenkloster erhält 35 Stiftungen, die Chorherren nur 13, was zu einer Verschuldung führt, die zu Verkäufen zwingt.
1323 übergibt der Trierer Erzbischof Balduin, der Bruder des damaligen Hochmeisters des Deutschen Ritterordens, Schiffenberg dem Deutschen Orden. Als Ursachen für die Auflösung werden eine Verschleuderung des Besitzes und ein zuchtloses Leben der Stiftsherren genannt, wahrscheinlicher sind politische Gründe wie die Sicherung der Trierischen Macht gegenüber den Erzbischöfen von Mainz und den hessischen Landesfürsten. Das Kloster wird zu einer Kommende des Deutschen Ordens und der Zentrale in Marburg unterstellt. Die Klosterverfassung bleibt bestehen, 12 Priesterbrüder versorgen seelsorgerisch das Umland; die Kommende wird von einem Komtur geleitet. Es entstehen Konflikte mit ehemaligen Augustinerchorherren um Besitzansprüche. Vier verpachtete Gutshöfe versorgen den zentralen Wirtschaftshof auf dem Schiffenberg, wo auch Eigenwirtschaft, besonders Schafzucht, betrieben wird. Der Hof dient als Hebe- und Sammelstelle der Abgaben aus dem Umland für das Marburger Haus. So werden lange Wege für die Pächter vermieden.
Zahlreiche Schenkungen und Seelgerätstiftungen verbessern die wirtschaftliche Situation, neue Gebäude werden angelegt. Sowohl die Landgrafen von Hessen wie auch die Grafen von Nassau als Vögte versuchen ihren Einfluss auf die Ordensniederlassung zu verstärken und somit ihre Stellung in der mittelhessischen Region auszubauen. 1543 ordnet Landgraf Philipp eine Inventarisierung der Kommende Schiffenberg durch seine Beamten an, muss aber zwei Jahre später diese abziehen. Das Inventarverzeichnis listet akribisch die Einrichtung der Gebäude, Besitz und Einkünfte, Kirchenausstattung und Wirtschaftsaktionen auf. Mit der Einführung der Reformation verliert das Stift seine Pfarrrechte und entwickelt sich zu einer Domäne des Deutschen Ordens, geleitet durch einen Verwalter. Mit Abschluss des Dreißigjährigen Krieges kommt der Schiffenberg zu Hessen-Darmstadt. Vor allem in der 2. Hälfte des 18. Jahrhundert gibt es wiederholte Versuche des Deutschordenshauses in Marburg, die Unabhängigkeit der Kommende durchzusetzen. Gebäude und die Basilika werden als Scheune, Stall oder Orangerie genutzt. 1796 wird Schiffenberg durch französische Truppen geplündert und ausgeraubt.
1809 wird der Deutsche Orden in allen Rheinbundstaaten aufgehoben und Schiffenberg wird Staatsdomäne des Großherzogtums Hessen-Darmstadt. 1972 geht der Schiffenberg aus dem Besitz des Landes Hessen in den der Stadt Gießen über.

Gründungsjahr

1129

Gründer

Gräfin Clementia von Gleiberg

Aufhebungsjahr

1809

Organisation

1334 wird der Propst durch einen Komtur abgelöst, dessen Aufgabe Wahrung und Vermehrung des Besitzes ist. Er leitet die Gemeinschaft, in der zunehmend Ritterbrüder leben, übt die niedere Gerichtsbarkeit aus, ist dem Deutschordenshaus Marburg rechenschaftspflichtig.

Pfarrrechte

Der Erzbischof von Trier überträgt in fünf Dörfern (Watzenborn, Garbenteich, und den späteren Wüstungen Erlebach, Cotthen, Vronebach) Pfarrrechte; später kommen Leihgestern (1237) und Steinbach (1285 – Urkundenfälschung) hinzu.

Patrozinien

Maria (1129)

Archivgeschichte

Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 140

Besitz

Abhängigkeitsverhältnis

1323 übergibt Erzbischof Balduin von Trier das ehemalige Augustinerchorherrenstift mit dem gesamten Besitz und allen Rechten dem Deutschordenshaus in Marburg.

Ausstattung

Gebäude

1463 und 1493 werden die alten Klostergebäude renoviert und erweitert; Propstei und Komturei erhalten ihr bis heute erhaltenes Aussehen.

Denkmaltopographie

DenkXweb Kulturdenkmäler in Hessen (Sachgesamtheit Schiffenberg)

Nachweise

Quellen

Gedruckte Quellen

Literatur

Germania Sacra-ID

GND-Nummer

Nachnutzung

Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Schiffenberg, Kloster“, in: Klöster und Orden <https://lagis.hessen.de/de/orte/kloester-und-orden/alle-eintraege/10647_schiffenberg-kloster> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/kl/10647

Ansicht des Schiffenbergs nahe Gießen, 1853Schiffenberg, Kloster: KlosterkircheSchiffenberg, Kloster: KirchenschiffSchiffenberg, Kloster: Innenraum der dreischiffigen PfeilerbasilikaSchiffenberg, Kloster: Außenmauern nach NordenSchiffenberg, Kloster: Blick vom Klosterplatz auf Außenmauer, Querschiff und VierungsturmGrundmauern eines wahrscheinlich frühmittelalterlichen Gebäudes im sogenannten EselsgartenTeile der Grundmauern eines wahrscheinlich frühmittelalterlichen Gebäudes im sogenannten EselsgartenAnsicht der Klosterdomäne Schiffenberg, 1751Lageplan der Klosterdomäne SchiffenbergGrundriss des Klosters auf dem Schiffenberg