Bischhausen

Die Lage von Bischhausen im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
10 km südwestlich von Eschwege gelegen
Lage und Verkehrslage
Dorf mit mehrteiligem Grundriss und dichter Zeilenbebauung 4 km ostsüdöstlich von Waldkappel am südlichen Zufluss des Hosbachs in die Wehre. Kern der Siedlung um die erhöht liegende Kirche mit Anger und unterhalb gelegenem Junkerhof. Siedlungsentwicklung entlang der Hauptachsen: Der von Südwesten als L 3459 kommenden Lehmkaute, die weiter als Steinweg im Westen um den Kern führt und im Nordosten jenseits der Wehre auf die Kassel-Leipziger Landstraße (B 7) stößt. Im Osten wird der Ortskern von der parallel zum Hosbach verlaufenden Straße Am Graben umgeben. Jüngere Siedlungsentwicklung vor allem im Südosten sowie im Nordosten im Bereich des ehemaligen Bahnhofs. Chausseen nach Bad Sooden-Allendorf, Eschwege, Netra und Wichmannshausen. Ehemaliger Bahnhof der Eisenbahnlinie Eschwege/Niederhone – Schwalmstadt/Treysa ("Kanonenbahn III") seit 1879 (Stillegung der Strecke bis Spangenberg 1974).
Ersterwähnung
775-786
Siedlungsentwicklung
2 km nordwestlich der Ortsmitte von Bischhausen beim früher dort gelegenen, heute verschwundenen "Pfiffenborn" (3564000/5668490. Name nach Mitt. K. Kollmann, 1992) fand K. Sippel 1992 unmittelbar an der Wehre im Ackergelände auf etwa 120 x 80 m großer, nordöstlich-südwestlich verlaufender Fläche (hier mittig lokalisiert) über 70 Scherben, die etwa ins 11./12. - 13./14. Jahrhundert zu datieren sind. Sie stammen eindeutig von einer Wüstung.
Bei den beiden 1141 genannten Bischhausen handelt es sich offenbar um zwei durch die Wehre getrennte Dorfteile, zum einen den Dorfkern um Burg und Kirche, zum anderen das Straßendorf an der Durchgangsstraße.
1928 erfolgt die Eingemeindung des aufgelösten Gutsbezirks Bischhausen und von Teilen des aufgelösten Gutsbezirks Forst Reichensachsen.
Vorbemerkung Historische Namensformen
Vgl. auch Bischhausen (Witzenhausen). Zur Unterscheidung s. 1200 Jahre Bischhausen, S. 11-19
Historische Namensformen
- Biscofeshusun (775-786) [(802-815) angelegtes Verzeichnis Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld 1,1 Nr. 38]
- Bischopshusen, in; Bischopshasen, in altero (1141) [verunechtet 13. Jh., Kop. 17. Jh., UB Mainz 2,1, S. 43-44, Nr. 27; Origines Guelficae, hrsg. von C.L. Scheidt, Bd. 4, Hannover 1753, S. 525, Digitalisat]
- Bischofeshusen, in, Bischofeshusen, in altero, Bischoveshusen (1141) [verunechtet 13. Jh., Kop. 16. Jh., UB Mainz 2,1, S. 45-53, Nr. 28]
- Biscopeshusen (1152) [Fälschung J. Dolle, Papsturkunden in Niedersachsen und Bremen bis 1198, S. 197-202, Nr. 87]
- Bischopeshusen (1328) [1200 Jahre Bischhausen, S. 20]
- Bischopeshusen an der Wehre (1330) [1200 Jahre Bischhausen, S. 20]
- Byschoffeshusen (1358) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 40-41, Nr. 81]
- Bischovishusen, in (1388) [Eckhardt, Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 2, S. 343-352, Nr. 2, hier 344]
- Bischoffhueßen (1448) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 537-538, Nr. 1368, Anm. 1, mit falscher Datierung auf 1408; zur korrigierten Datierung s. K. A. Eckhardt, Eschwege als Brennpunkt thüringisch-hessischer Geschichte, S. 128; StA Wü, MIB 25 fol. 279 [01], in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe mit Bischofshusen]
- Bishusin (1477) [Eckhardt, Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 2, S. 402-407, Nr. 12]
- Bischausen (1585) [Der ökonomische Staat, S. 79]
- Bischhausen (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 12]
Bezeichnung der Siedlung
- villa (775-786)
- Dorf; Vorwerk (1328)
- Mengedorf (1654)
- Gerichtsplatz
- Amt
- Gut
- Domäne
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
- Bahnhof
- Begethal
- Bischhausen, Gutsbezirk
- Bischhausen, Junkerhof
- Dasbach
- Kirchberg
- Lerchenhosbach
- Sägewerk
- Sigelbach
- Were
- Bischhausen, Junkerhof (→ Burgen, Schlösser, Herrenhäuser)
Burgen und Befestigungen
Umlegung der Flur
1880
Älteste Gemarkungskarte
1688
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3565536, 5667542
UTM: 32 U 565436 5665714
WGS84: 51.139145° N, 9.935349° O
Statistik
Ortskennziffer
636012010
Flächennutzungsstatistik
- 1885 (Hektar): 950, davon 419 Acker (= 44.11 %), 55 Wiesen (= 5.79 %), 360 Holzungen (= 37.89 %)
- 1961 (Hektar): 1744, davon 859 Wald (= 49.25 %)
Einwohnerstatistik
- 1585: 80 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
- 1736: 514 Einwohner
- 1745 (Gewerbetreibende): 3 Schreiner, 2 Schmiede, 1 Bender, 1 Wagner, 3 Bäcker, 2 Metzger, 5 Schneider, 5 Schuster, 2 Zimmerleute, 4 Maurer, 1 Weißbinder, 2 Müller, 25 Leinweber, 2 Garnhändler, 1 Siebmacvher, 2 wirte, 2 Brandweinbrenner, 25 Tagelöhner und Beysassen
- 1747: 96 Feuerstätten (Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen-Cassel HStAM Bestand S Nr. 105)
- 1885: 986, davon 934 evangelisch (= 94.73 %), 4 katholisch (= 0.41 %), 48 Juden (= 4.87 %)
- 1961: 1254, davon 1104 evangelisch (= 88,04 %), 98 katholisch (= 7,82 %)
- 1970: 1292
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 775-786: Thüringen (in Thuringia)
- 1141: Honer Mark (in pago, qui dicitur Hunether marca, circa fluvium Werraha)
- 1460: Landgrafschaft Hessen, Amt Eschwege, Gericht Boyneburg
- 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederfürstentum, Amt Eschwege, Gericht Boyneburg
- 1654: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Bischhausen
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Bischhausen
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bischhausen
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Bischhausen
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bischhausen
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis
Altkreis
Eschwege
Gemeindeentwicklung
Am 31.12.1971 im Zuge der hessischen Gebietsreform als Stadtteil nach Waldkappel eingegliedert.
Gericht
- 1821: Kurfürstliches Justizamt Bischhausen
- 1822: Justizamt Bischhausen
- 1867: Amtsgericht Bischhausen
- 1879: Amtsgericht Witzenhausen
- 1932: Amtsgericht Eschwege
Herrschaft
Hessen, Landgrafen 1448 gestattet der Mainzer Erzbischof dem Kloster Bursfelde den 1446 erfolgten Verkauf von Besitzungen u.a. zu Bischhausen an die Brüder Philipp, Reinhard und Konrad von Boyneburg. Im Jahr darauf übertragen die von Boyneburg den Landgrafen von Hessen den Besitz und erhalten ihn als Lehen zurück. Es bildet sich die Linie von Boyneburg-Bischhausen und Laudenbach aus.- 1650 kommt es zur Veräußerung boyneburgscher Lehngüter (sogenannte bemmelbergische Anteile) u.a. in Bischhausen an Hessen, wodurch die Landgrafen stärker an der Ortsherrschaft partizipieren und versuchen Einfluss auf das Gericht Boyneburg geltend zu machen. 1654 ist Bischhausen ein sogenanntes Mengedorf, d.h. zweiherrig. 1745 gehören dem Landgrafen zwei, die Boyneburger ein Drittel des Ortes. 1805 gelangt schließlich auch das letzte Drittel an Hessen.
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
Hersfeld, Kloster Bursfelde, Kloster Eschwege, St. Cyriacus, Kloster Eschwege, Augustiner Kloster Um 800 schenkt Karl der Große dem Kloster Hersfeld 30 Hufen zu Bischhausen.- 1141 bestätigt der Mainzer Erzbischof Markolf dem von dem Grafen Siegfried IV. von Boyneburg und seinen Vorfahren gegründeten Benediktinerkloster St. Blasien zu Northeim u.a. seinen Besitz zu Bischhausen. Der Besitz des Klosters Northeim gelangt um 1200 an das Kloster Bursfelde, welches ihn noch 1446 innehat und mit Zustimmung des Mainzer Erzbischofs an die Boyneburger veräußert.
- 1358 verpfändet Hermann von Boyneburg der Abtei St. Cyriacus in Eschwege Einfünfte von seinem halben Vorwerk zu Bischhausen.
- 1388 hat das Augustinerkloster in Eschwege Einfünfte aus Gütern in Bischhausen in Höhe von 3 1/2 Mark. Die Einkünfte werden auch in den Zinsregistern der Folgezeit aufgeführt.
Zehntverhältnisse
1141 fügt der Mainzer Erzbischof Markolf der Schenkung an Kloster St. Blasien zu Northeim den Zehnten in Bischhausen beiderseits der Wehre hinzu
Kirche und Religion
Ortskirchen
- Die Kirche erhält das Kloster Bursfelde von den Grafen von Northeim. Sie geht mit dem Dorf an die von Boyneburg über. Von ihnen gelangten dann 1650 zwei Drittel an Hessen, das 1805 auch das letzte Drittel erwarb
- Zweiapsidiale Anlage einer im 8. Jahrhndert gegründeten Anlage 1975/76 bei Grabungen vermutet. Wehrhafter Nordturm aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, spätgotischer Chor 1505 angeschlossen, 1789/1800 zu einem Saal mit quadratischem Grundriss erweitert
- Gottesdienste der Neuapostolischen Kirche seit 1930, eigenes Gotteshaus (Landstraße 3 a) 1963 geweiht
Patrozinien
- Ulrich
Pfarrzugehörigkeit
1585 gehören Kirch-, Stadt und Thurnhosbach zu Bischausen, 1745, 1872 und 1994 ist Kirchhosbach Filial.
Patronat
1745 hat der Landgraf von Hessen zwei, der von Boyneburg ein Drittel Anspruch auf das Patronatsrecht
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: wahrscheinlich Melchior Todt ca. 1535, sicher Wilhelm Menges nach 1552-1561
Reformierter Bekenntniswechsel, unter hessen-darmstädtischer Herrschaft 1627-1628(?) lutherisch, danach wieder reformiert.
Kirchliche Mittelbehörden
15. Jahrhundert: Archidiakonat Heiligenstadt
Kultur
Schulen
1688 und 1745 Schulhaus vorhanden, 1910 Volksschule mit zwei Klassen
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Zum 1654 entstandenen landgräflichen Amt Bischhausen gehörten die Mengedörfer (Hessen und Boyneburg) Bischhausen, Grandenborn, Kirchhosbach, Rechtebach, Reichensachsen, Rhörda, Rittmannshausen und Wichmannshausen, dazu die boyneburgischen Dörfer Ober- und Niederdünzebach, Hoheneiche, Jestädt, Langenhain, Motzerode, Netra, Neuenrode, Oettmannshausen und Thurnhosbach sowie schließlich die Höfe Datterpfeife, Harmershausen, Ludenbach, Vogelsburg und das Schloss Boyneburg. 1821 kam das Amt Bischhausen zusammen mit dem Amt Spangenberg unter die Verwaltungshoheit des neuen Kreises Eschwege.
Mühlen
Drei an Betriebsgräben gelegene Mühlen wurden vom Wasser der Wehre und des Hosbaches angetrieben: Die Teichmühle am Westausgang ging 1650 in die Herrschaft de Landgrafen über. In ihr waren zwei Wasserräder im Einsatz, die 1909 durch eine Zwillings-Wasserturbine ersetzt wurden. Der Mahlbetrieb wurde 1985 eingestellt.
Die Mittelmühle nördlich von Bischhausen ist vermutlich mit einer bereits 1449 erwähnten Obermühle identisch. Sie besaß einen unterschlächtigen Mahlgang, der Antrieb wurde 1950 auf Turbine umgestellt.
Die Vogteimühle wird 1328 erstmals erwähnt und gehörte ursprünglich dem Kloster Bursfelde. 1410 wird sie als Untermühle (molendinum inferius) bezeichnet. Bis 1946 erfolgt der Antrieb über ein oberschlächtiges Wasserrad, danach mit Turbine. 1980 Aufgabe des Mahlbetriebs, seitdem zeitweise für Stromerzeugung genutzt
Nachweise
Literatur
- Diehl, Adelsherrschaft im Werraraum, vor allem S. 58-65, 106-107
- K. Kollmenn, Von Wind und Wasser gedreht, Teil 5, Bischhausen
- 1200 Jahre Bischhausen
- Scholz, Wasser- und Windmühlen Werra-Meißner-Kreis, S. 123-134
- Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 49 (Allgemein, Dorf, Amt)
- Denkmaltopographie Werra-Meißner-Kreis 1, S. 454 - 469
- Fundberichte aus Hessen 1996 , S. 547 (K. Sippel)
- Hütteroth, althessische Pfarrer, S. 487
- Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch für die acquirierten Lande und die verlorenen Gebiete, S. 386
Siehe auch
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„Bischhausen, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/5409_bischhausen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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