Oberaula

Die Lage von Oberaula im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
9 km östlich von Neukirchen
Lage und Verkehrslage
Geschlossenes Dorf mit regellosem Grundriss in Talmündungslage (Einmündung des Ostern-Baches in die Aula). Um den alten Ortsbereich mit teilweise recht dichter Bebauung gruppieren sich jüngere und moderne Siedlungskomplexe vor allem im Südwesten. Durch den Ort führt die Bundesstraße 454 (annähernd im Zuge der alten Messestraße Köln - Leipzig). Straße Friedigerode - Hausen Bahnhof der Eisenbahnlinie Bad Hersfeld – Schwalmstadt/Treysa bis zur Stilllegung der Strecke am 10.9.1984 (Die Teilstrecke Bad Hersfeld - Oberaula wurde am 1.5.1906 eröffnet, die Teilstrecke Oberaula - Treysa am 1.8.1907).
Ersterwähnung
861
Siedlungsentwicklung
Wüste Siedlung Guderode (Flurname) nordwestlich von Oberaula im Tal des Gatteroder Bachs vermutet. Nicht lokalisiert: Wüstung Limolderode 1928 erfolgt die Eingemeindung von Teilen der aufgelösten Gutsbezirke Hausen und Forst Oberaula.
Vorbemerkung Historische Namensformen
Die Ersterwähnung lässt sich zwischen 856 und 869 einordnen, Dronke (Codex diplomaticus Fuldensis, S. 270-271, Nr. 603) und ihm folgende Kehr (MGH Diplomata dt. Karolinger 1, Ludwig : Kehr, S. 153-154, Nr. 106) hielten das Jahr 861 für am wahrscheinlichsten.
Historische Namensformen
- Ovilah (861) [Kopiar um 1160 Codex Eberhardi 2, Bl. 13r, S. 20-21]
- Owilaha, in (nach 1015) [Kopiar um 1160 Codex Eberhardi 2, fol. 138v, S. 262]
- Ouwelaha (1205/16)
- Oula (1231)
- Owela, de (1259)
- Oula, de (1260)
- Ewla, zu (1325)
- Obirn Ouwela (1355)
- Obbern Aula (1524)
- Oberaula
- Ober-Aula
- Aula, Ober-
Bezeichnung der Siedlung
- villa 861
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
Umlegung der Flur
1911/1913
Älteste Gemarkungskarte
1773
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3533202, 5635809
UTM: 32 U 533115 5633994
WGS84: 50.856694° N, 9.470475° O
Statistik
Ortskennziffer
634019040
Flächennutzungsstatistik
- 1838 (Kasseler Acker): 1245 stellbares Land, 326 Wiesen, 34 Gärten, 41 Triesche.
- 1885 (Hektar): 821, davon 357 Acker (= 43.48 %), 118 Wiesen (= 14.37 %), 262 Holzungen (= 31.91 %)
- 1961 (Hektar): 1264, davon 606 Wald (= 47.94 %)
Einwohnerstatistik
- 1585: 90 Hausgesesse
- 1639: 37 Männer, 10 Witwen, 22 Unmündige
- 1639: 5 Bäcker, 2 Schmiede, 1 Müller, 1 Bader, 2 Leineweber, 1 Schreiner
- 1681: 61 Hausgesesse, 5 Ausschuss, 2 Junggeselle
- 1776: 1 Schlosser, 1 Maurer, 5 Schneider, 4 Bäcker, 4 Metzger, 2 Drechsler, 1 Bender, 1 Färber, 1 Hutmacher, 4 Leineweber, 2 Mahl- und 1 Papiermüller, 6 Handelsjuden, 22 Tagelöhner und Beisitzer
- 1776: 112 Wohnhäuser , 499 Einwohner
- 1838 (Familien): 56 Ackerbau, 64 Gewerbe, 38 Tagelöhner
- 1861: 822 evangelisch-reformierte, 1 evangelisch-lutherische Einwohner
- 1885: 823, davon 728 evangelisch (= 88.46 %), 4 katholisch (= 0.49 %), 91 Juden (= 11.06 %)
- 1961 (Erwerbspersonen): 160 Land- und Forstwirtschaft, 344 produzierendes Gewerbe, 139 Handel und Verkehr, 134 Dienstleistungen und Sonstiges
- 1961: 1670, davon 1452 evangelisch (= 86.95 %), 196 katholisch (= 11.74 %)
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1300: fuldisches Gericht, seit 1360/66 fuldisch-ziegenhainisch, nach Mitte des 15. Jahrhundert landgräflich-dörnbergisches Gericht, das seit 1571 der landgräflichen Landeshoheit unterstand
- 1807-1813: Königreich Westfalen, Departement der Werra, Distrikt Hersfeld, Kanton Ober-Aula
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Grafschaft Ziegenhain, Amt Oberaula
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Ziegenhain
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hersfeld
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Ziegenhain
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Ziegenhain
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Ziegenhain
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Ziegenhain
- 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Schwalm-Eder-Kreis
Altkreis
Ziegenhain
Gemeindeentwicklung
Am 1.4.1972 schlossen sich im Zuge der hessischen Gebietsreform die Gemeinden Oberaula und Hausen (Oberaula) zur neuen Gemeinde Oberaula zusammen. Zu deren weiterer Entwicklung s. Oberaula, Gemeinde. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Oberaula.
Gericht
- 1822: Justizamt Oberaula
- 1867: Amtsgericht Oberaula
- 1945: Amtsgericht Neukirchen
- Gericht (Amt) Ober-Aula
- 1300 verschreibt Abt Heinrich von Fulda Graf Gottfried VI. von Ziegenhain alle seine Einkünfte in officio nostro (Ober-)Aula.
- 1366 war die Gerichtsherrschaft zwischen Fulda und Ziegenhain geteilt, wobei die ziegenhainische Hälfte fuldisches Lehen der Grafen war. Es bestand damals eine wirkliche Aufteilung der Gerichtsorte: fuldisch waren 1366 Ober-Aula, Wahlshausen, Ibra und Hauptschwenda, ziegenhainisch (Wüstung) Heuchelheim, (Wüstung) Eckenrode, Friedigerode, (Wüstung) Hornsbach, Christerode, (Wüstung) Taubenscheit, Olberode, Schorbach, Niederschorbach, Weißenborn, (Wüstung) Renterode, (Wüstung) Stanrode halb, (Wüstung) Schlufft, Mühle zu Grebenhain und daselbst ein Gut.
- 1462/67 (Weistum von Ober-Aula; Grimm III, S. 337) gelten als ausschließlich landgräfliche (vogteiliche) Gerichtsorte (Wüstung) Hornsbach, (Wüstung) Eckenrode, dagegen Hausen, Ibra und Friedigerode als ausschließlich fuldische Gerichtorte bezeichnet. Die übrigen Orte des Gerichts sind zweiherrig.
- 1419 hatten die Grafen von Ziegenhain als fuldische Vögte das Gericht über Hals und Haupt, seit 1450 die Landgrafen.
- 1400 tritt Fulda das halbe Gericht Ober-Aula zusammen mit dem Schloss Hausen dem Erzstift Mainz ab, das damit 1463 die von Dörnberg belehnt.
- Die ungebotenen Dinge werden dem Weistum von 1462/67 zufolge in 2 Gerichtssitzungen abgehalten, von denen die eine unter landgräflichem Vorsitz an der alten Gerichtsstätte auf dem Frauenberg, die andere unter mainzischem Vorsitz im Dorf (uff der fryheit) stattfindet.
- 1571 wird zwischen den Landgrafen als Rechtsnachfolgern der Grafen von Ziegenhain und den von Dörnberg bestimmt, dass jenen Hoheit, Obrigkeit, Peinlichkeit, Folge, Schätzung, Steuer und Kirchenordnung allein gehören, bürgerliche Sachen und Strafen beiden Gerichtherren gleich zustehen, doch so, dass Gebot und Verbot nur von den Landgrafen als Landesfürsten und Erbvögten im Gericht Ober-Aula ausgeübt werden und auch der Gerichtstab nur von den landgräflichen Beamten gehalten werden soll. Den von Dörnberg bleibt freigestellt, ihren Schultheißen mit im Gericht sitzen zu lassen und die Hälfte der in bürgerlichen Sachen erkannten Bußen zu erheben. Diese niedere Gerichtsbarkeit verblieb den von Dörnberg bis zur Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit 1807.
- 1419 und 1462/67 tagt das Gericht unter ziegenhainischem bzw. landgräflichem Vorsitz an der Kirchhofsmauer auf dem Frauenberg (Grimm III S. 332), wo sich 1773 auch eine Gerichts-Linde befindet. Diebstock, Halseisen 1419 genannt (am angegebenen Ort, S. 333). Auf eine Urteilsstätte weist der Flurname Am Galgenbaum 0,5 km südöstlich Ober-Aula im Knick der Straße Ober-Aula - Wahlshausen.
- Schöffe 1309 (Klosterarchiv VII Nr. 2),
- amptmann 1364/67 (S 635 ZU I),
- Henker 1419.
- 1419 wird in Ober-Aula ein Weistum von 12, 1467 von 9 Schöffen gewiesen.
- 1879: Amtsgericht Oberaula
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
Fulda, Kloster 856/69 schenkt der Edle Ethil Kloster Fulda die villa (Ober)Aula.- 1205/16 bekundet der Abt von Fulda, dass die Grafen von Ziegenhain, Vögte seines Klosters, die von Fulda zu Lehen gehenden Einkünfte in (Ober oder Nieder-)Aula für 10 Mark zunächst an Gerlach Westerschele verpfändet hatten; nach dem Tod Graf Gottfrieds hatte sein Bruder Ludwig Gertrud, Witwe Graf Friedrichs von Abenberg, geheiratet, die Pfandschaft mit ihrem Vermögen eingelöst und die Einkünfte mit Zustimmung des Abtes ihr erneut verpfändet.
- 1300 verkauft Kloster Fulda seine Einkünfte zu Aula, Breitenbach und Wegfurth für 200 Mark kölnische Denare an die Grafen von Ziegenhain.
- 1355 verkaufen der Burgmann und Bürger zu Hausen, Volpert Fuln, und der Pfarrer Johann von Hasel sowie ihre Erben Kloster Immichenhain ein Haus und mehrere Gärten in Ober-Aula.
- 1470 bekennen die von Langenstein genannt Gunzelrode, Kloster Immichenhain Einkünfte von einem Hof zu Ober-Aula und einer Hofreite ebenda unter dem Kirchhof vertauscht zu haben.
- 1524 beziehen die Augustiner zu Alsfeld Grundzins von einem Gut zu Ober-Aula.
Zehntverhältnisse
1467 ist der Zehnte zu Ober-Aula im Besitz des Erzstifts Mainz.
Kirche und Religion
Ortskirchen
- Kirche um 1000 genannt (Dronke, Trad. Capitulum 43 Nr. 43)
- Kirchenwüstung auf dem Frauenberg dicht nordöstlich von Oberaula 1708/10 (Schleenstein); vgl. Gericht.
- Katholische Seelsorgestelle seit 1945; Kirche 1950 erbaut.
Patrozinien
- Maria (?) [1419], (vgl. Grimm III S. 332)
Pfarrzugehörigkeit
Patronat
um 1000 und später: Kloster Fulda
Mit dem Verkauf von Schloss und Gericht Hausen als dessen Zubehör 1400 an das Erzstift Mainz verkauft.
Das Erzstift Mainz belehnte 1464 die von Dörnberg; von Dörnberg seitdem Patronatsherr.
Diakonische Einrichtungen
14.01.1909 eine Schwester, Krankenpflege, Vereinsbetreuung, Gemeindearbeit Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 321-322; Diakoniestation bis 1955 (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Johannes [Nachname unbekannt] ca. 1535, wahrscheinlich identisch mit Johannes Molenheim (1538), Pfarrer zu Oberaula und Hausen.
Reformierter Bekenntniswechsel: 1605.
Kirchliche Mittelbehörden
15. Jahrhundert: Erdiözese Mainz, Archipresbyterat unbekannt; Archidiakonat St. Johann Mainz
Juden
Provinzial-Rabbinat Marburg, angeschlossen Hausen, Schwarzenborn, Frielendorf. 1744: 5 jüdische Familien; 1835: 45, 1861: 106, 1905: 90 Juden; 1932/33: 91 Juden. Zwischen 1933 und 1938 verließen 28 Juden den Ort. Die letzten Abmeldungen stammten von Mai und August 1940. Synagoge 1837 erbaut und geweiht, sie liegt in der Hainthorstraße. Die jüdische Elementarschule bestand bis zum April 1934. Berufe: Landwirtschaft; Viehhandel; Gewerbe Friedhof am Ortsausgang Richtung Wahlshausen. (alemannia-judaica) Er wurde wohl auch vom Ort Ottrau genutzt.
Kultur
Schulen
1910 Volksschule mit zwei Klassen
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Vorort des gleichnamigen Gerichts Ober-Aula:
Umfang und Aufteilung von 1366 und 1462 siehe unter Gericht
1585 und später umfasste das Gericht Ober-Aula: Ober-Aula, Wahlshausen, Friedigerode, Christerode, Olberode, Schorbach, Weißenborn, Hauptschwenda, Ibra
1807-1813: Kantonsvorort im Distrikt Hersfeld
1822-1945 war Ober-Aula Sitz eines Justizamtes bzw. Amtsgerichts
Anfang des 20. Jahrhunderts befanden sich zu Ober-Aula eine Ziegelei, 3 Kalksteinbrüche, 1 Färberei und 1 Seifensiederei.
Mühlen
Die sogenannte Lingelmühle am Walmersbach am Westrand von Ober-Aula verfügte 1776 über 1 Mahl- und 1 Schlaggang.
Markt
Das 1364/67 und später bezeugte Marktrecht stand den Grafen von Ziegenhain, seit 1450 den hessischen Landgrafen zu (S 635 ZU I; Grimm III S. 333, 336).
In der Neuzeit wurden in Ober-Aula jährlich 4 Vieh- und 4 Krammärkte abgehalten.
Zoll
Der Zoll zu Ober-Aula stand 1462/67 dem Erzstift Mainz zu (Grimm III S. 336). Köhler 1467 genannt (Grimm III S. 338).
Nachweise
Literatur
- Nuhn, Ober-Aula
- Scharlau, Siedlung, S. 304 (Wüstung Frauenberg), S. 289 (Guderode)
- Historisches Ortslexikon Ziegenhain, S. 9-12
- Kleinfeldt, Kirchenorganisation, S. 58 f., 62
- Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen: Anfang, Untergang, Neubeginn, Bd. 2, S. 149f.
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
- Hessische Flurnamen
- Historische Kartenwerke
- Jüdische Friedhöfe
- Synagogen in Hessen
- Topografische Karten
Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Oberaula, Schwalm-Eder-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/4689_oberaula> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/ol/4689