Vollmarshausen

Dorf · 222 m über NN  
Gemeinde
Lohfelden
Landkreis
Kassel
Topografische Karten
KDR 100, TK25 1900 ff.
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Siedlung

Ortstyp

Dorf

Lagebezug

7,5 km südöstlich von Kassel

Lage und Verkehrslage

Geschlossenes Dorf am Fahrenbach mit einfachem Grundriß und geringer Siedlungsdichte am Nordrand der Söhre südöstlich von Kassel. Kirche in zentraler Lage. Um 1900 Wandel der landwirtschaftlich geprägten Siedlungsstruktur durch Industrialisierung. Einschneidende Veränderungen erfolgen im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Siedlungs-, Rüstungs- und Kriegspolitik durch die Errichtung der Reichsautobahn I (heute A 7) sowie die Anlage von Industriebetrieben und Lagern (Vollmarshausen, Lager für das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando Nr. 799, Gastwirtschaft Dippel, Vollmarshausen, Lager für polnische Zwangsarbeiter, Ziegelei). Nach dem Zweiten Weltkrieg durch Zuzug von Heimatvertriebenen und der Entstehung der Gemeinde Lohfelden Siedlungsentwicklung in alle Richtungen. Durch den Ort Vollmarshausen verläuft in Nord-Süd-Richtung die L 3236, von der Verbidnungsstraßen nach Nordwesten Richtung Kassel und A7 abzweigen. Bahnhof der Eisenbahnlinie Kassel/Bettenhausen – Söhrewald/Wellerode-Wald ("Söhrebahn") (Inbetriebnahme der Strecke 22.8.1912) bis zur Stilllegung der Strecke ca. 1975.

Ersterwähnung

1019

Siedlungsentwicklung

Gräberfeld aus der jüngeren Bronze- und älteren Eisenzeit am Sandhügel nordwestlich von Vollmarshausen

Historische Namensformen

Bezeichnung der Siedlung

  • villa (1019)
  • villa (1229)
  • Dorf (1368)
  • Dorfschaft (1744)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung

Umlegung der Flur

1870-1884

Älteste Gemarkungskarte

1675-1695

Koordinaten

Gauß-Krüger: 3539442, 5680958
UTM: 32 U 539352 5679125
WGS84: 51.262119° N, 9.564004° O

Statistik

Ortskennziffer

633017020

Flächennutzungsstatistik

  • 1885 (Hektar): 734, davon 490 Acker (= 66.76 %), 147 Wiesen (= 20.03 %), 1 Holzungen (= 0.14 %)
  • 1961 (Hektar): 739, davon 2 Wald (= 0.27 %)

Einwohnerstatistik

  • 1585: 48 Haush. (Der ökonomische Staat)
  • 1744: 78 Häuser mit 407 Bewohnern. 2 Wagner, 1 Maurer, 15 Leineweber, 2 Schneider, 1 Dachdecker, 2 Schmiede, 14 Tagelöhner, 2 Brandweinsbrenner, 1 Zimmermann, 1 Braumeister, 1 Bäcker, 2 Büchsenmeister, 1 Büchsenmacher, 2 Müller, 1 Schlosser, 2 Schreiner, 2 Schuhmacher, 1 Faßbinder
  • 1747: 55 Haush. (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
  • 1885: 1078, davon 1065 evangelisch (= 98.79 %), 2 katholisch (= 0.19 %), 11 andere Christen (= 1.02 %)
  • 1961: 2479, davon 2210 evangelisch (= 89.15 %), 216 katholisch (= 8.71 %)
  • 1970: 2880 Einwohner

Diagramme

Verfassung

Verwaltungsbezirk

  • 1458: Landgrafschaft Hessen, Amt Neustadt Kassel
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Kassel, Gericht vor der Neuenstadt
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Neustadt
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Neustadt
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Waldau
  • 1814-1817: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Kaufungen
  • 1817-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Waldau
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kassel
  • 1970: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel (s. Gemeindeentwicklung)

Altkreis

Kassel

Gemeindeentwicklung

Am 1.12.1970 schloss sich die Gemeinde Lohfelden im Zuge der hessischen Gebietsreform mit der Gemeinde Vollmarshausen zu einer größeren Gemeinde Lohfelden zusammen. Vollmarshausen wurde Ortsteil von Lohfelden.

Gericht

  • Seit dem 15. Jahrhundert: Dritter Schöppenstuhl
  • 1822: Landgericht Kassel
  • 1850: Justizamt Kassel I
  • 1867: Amtsgericht Kassel II
  • 1879: Amtsgericht Kassel

Herrschaft

  • 1019 schenkt Kaiser Heinrich II. das Dorf dem Kloster Kaufungen, das zum wichtigsten Grundherrn vorort wird und einen Fronhof mit vier Hufen Land besitzt. 1308 erlässt Landgraf Heinrich dem Stift das Vogtgeld von seinen Gütern in Vollmarshausen. Nach 1527 fällt der Besitz an die Landgrafen von Hessen.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer

  • Wichtigster Grundherr war das Kloster und spätere Stift Kaufungen (vgl. Herrschaft). 1338 verpachtet das Kloster Breitenau ein Hofgut in Vollmarshausen. 1368 hat das Kloster Ahnaberg (Kassel) Besitz in Vollmarshausen, das sogen. monchegut, und auch das Martinsstift besitzt Gefälle. 1484 sind die Brüder im Weißen Hof in Kassel im Besitz des sogenannten Gumprechtslehens (HStAM Bestand Urk. 33 Nr. 10).

Zehntverhältnisse

1519 steht der Zehnte dem Stift Kaufungen zu

Kirche und Religion

Ortskirchen

  • Vicepleban (1306)
  • Pfarrer (1341) [HStAM Bestand Urk. 16 Nr. 146]
  • Klassizistischer Saalbau 1838/39 an der Stelle einer Vorgängerkirche, 1966/67 renoviert

Patrozinien

  • Michael [1519]

Pfarrzugehörigkeit

1536 noch selbständige Pfarrei, zu der Wellerode und vermutlich Ochshausen als Filial gehörten. 1585 nach Krumbach eingepfarrt, seit 1747 und auch 1872 Filial davon. Seit der Errichtung der Pfarrstelle Wellerode 1957 Unikatsgemeinde.

Patronat

1527, aber vermutlich von Beginn an, hatte die Äbtissin von Kaufungen das Patronatsrecht inne. Nach der Reformation landgräflich

Diakonische Einrichtungen

1919 - 1931 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus); 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 78 Gemeindestation mit einer Schwester; 1919 - 1950 Schwesternstation (Landeskirchliches Archiv Kassel, E 1 Vollmarshausen v.O. Pfarrarchiv Vollmarshausen)

Bekenntniswechsel

Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen ab 1526.
Erster nachweisbarer evangelischer Pfarrer: Johann [Nachname unbekannt] ca. 1536

Kirchliche Mittelbehörden

15. Jahrhundert: Erzbistum Mainz, Archidiakonat von St. Peter zu Fritzlar, Erzpriestersprengel Ditmold

Kultur

Schulen

1910 Volksschule mit drei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)

Wirtschaft

Mittelpunktfunktion

Sitz des dritten Schöffenstuhls

Landwirtschaft und zugehöriges Handwerk

Mühlen

1308 überlässt Landgraf Heinrich von Hessen dem Stift Kaufungen u.a. Abgaben von einer molendino dicto vronmul (Roques, Urkundenbuch Kloster Kaufungen 1, S. 110-112, Nr. 111). 1685 hat die Obermühle (Welleröder Str. 42) zwei Mahlgänge und zwei Mühlräder, über die ein Walzenstuhl, ein Mahlgang, ein Schrotgang und eine Putzerei betrieben wurden. Der Betrieb wird 1942 eingestellt. Die Untermühle (Kasseler Str. 35) wird 1742 vom damaligen Besitzer der Obemühle errichtet. Sie wird bis 1952 mit einem oberschlächtigen Wasserrad betrieben, dann erfolgt der Ausstausch gegen eine Turbine, bis der Betrieb 1972 eingestellt wird. W. Reuter, Die früheren Mühlen in Vollmarshausen, in: 1000 Jahre Vollmarshausen, S. 87-107

Nachnutzung

Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Vollmarshausen, Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/2281_vollmarshausen> (aufgerufen am 26.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/ol/2281