Gelnhausen

Die Lage von Gelnhausen im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Stadt
Lage und Verkehrslage
Bahnhof der Eisenbahnlinie Bebra – Hanau – Frankfurt am Main ("Bebraer Bahn";"Bebra-Hanauer-Bahn") (Inbetriebnahme der Strecke 1.5.1867). Endbahnhof der Eisenbahnlinien Gießen – Gelnhausen ("Lahn-Kinzig-Bahn") (Inbetriebnahme der Strecke 30.11.1870), Gelnhausen/Ost – Flörsbachtal/Lochborn ("Spessartbahn"; "Biebertalbahn"; Bieberbähnchen") (Inbetriebnahme der Strecke 15.12.1895) bis zur Stilllegung der Strecke am 23.7.1951 und Langenselbold – Gelnhausen (Inbetriebnahme der Strecke 15.10.1904) bis Stilllegung der Strecke 1963.
Ersterwähnung
1133
Weitere Namen
Barbarossastadt (Datum der Verleihung: 26.4.1978)
Siedlungsentwicklung
Um 1170 von Kaiser Friedrich Barbarossa gegründete Reichsstadt.
Historische Namensformen
- Geylhausen (1058) [MGH SS 15, 2 S. 1033 Z. 35, Nennung jedoch zweifelhaft]
- Geilenhusen, de (1133) [Mainzer Urkundenbuch 1, Nr. 586]
- Gelenhusen (1158)
- Geilnhusen (1170)
- Geilnhusen, de (1173) [Abschrift HStAD Bestand X 4 Nr. 19; Druck: Wenck, Hessische Landesgeschichte 2,1, Urkundenbuch, S. 108, Nr. 77]
- Gelnhusen (1223)
- Geilenhusen, de (1232) [Huyskens, Quellenstudien, S. 222 Nr. 82]
Ortsteile
Gelnhausen, Haitz, Roth (seit 1.7.1970)
Hailer (seit 1.4.1971)
Höchst, Meerholz (seit 1.7.1974)
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
- Am Solbad
- Am Waldschlößchen
- Bahnübergang Höchst
- Blockhaus
- Burgmühle
- Galgenfeld
- Gelnhausen (Reichsburg)
- Gelnhausen, Hof des Klosters Schmerlenbach
- Gelnhausen, Hof des Stifts Aschaffenburg
- Gelnhäuser Warte
- Godebrechtshusen
- Im Dörntal
- Im Mühlbachtal
- Im Neuen Berg
- Lohmühle
- Neumühle
- Papiermühle
- Ubenhausen
- Wasenmühle
- Ziegelhaus
- Gelnhausen, Schwesternhaus der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul (→ Klöster)
- Gelnhausen, Arnsburger Hof (→ Klöster)
- Gelnhausen, Franziskanerkloster (→ Klöster)
- Gelnhausen, Hainaer Hof (→ Klöster)
- Gelnhausen, Johanniterhof der Rüdigheimer Komturei (→ Klöster)
- Gelnhausen, Kastnerei des Frankfurt-Sachsenhäuser Deutschordenshauses (→ Klöster)
- Gelnhausen, Kastnerei des Marburger Deutschordenshauses (→ Klöster)
- Gelnhausen, Langenselbolder Hof (→ Klöster)
- Gelnhausen, Meerholzer Hof (→ Klöster)
- Gelnhausen, Terminei der Frankfurter Dominikaner (→ Klöster)
- Gelnhausen, Terminei der Frankfurter Karmeliter (→ Klöster)
- Gelnhausen, Tertiarinnen (→ Klöster)
- Himmelau, Benediktinerinnenkloster (→ Klöster)
Burgen und Befestigungen
- Reste der ältesten Burganlage, die im Norden der Ortslage, zwischen Peterskirche und Obermarkt vermutet wird, haben sich bislang nicht gefunden.
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3513498, 5563052
UTM: 32 U 513418 5561266
WGS84: 50.203431° N, 9.18802° O
Statistik
Ortskennziffer
435010010
Flächennutzungsstatistik
- 1885 (Hektar): 981, davon 272 Acker (= 27.73 %), 154 Wiesen (= 15.70 %), 356 Holzungen (= 36.29 %)
- 1961 (Hektar): 1001, davon 399 Wald (= 39.86 %)
Einwohnerstatistik
- 1611: 479 Steuernde in der Stadt, 28 im Ziegelhaus, 9 Juden
- 1812: 448 Feuerstellen, 2613 Seelen
- 1885: 3694, davon 3125 evangelisch (= 84.60 %), 334 katholisch (= 9.04 %), 10 andere Christen (= 0.27 %), 225 Juden (= 6.09 %)
- 1961: 7756, davon 5441 evangelisch (= 70.15 %), 2109 katholisch (= 27.19 %)
- 1970: 10221 Einwohner
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1787: Reichsstadt Gelnhausen im Pfandbesitz der Landgrafschaft Hessen-Kassel (Grafschaft Hanau-Münzenberg)
- 1806/7-10: Kaiserreich Frankreich, Fürstentum Hanau, Amt Gelnhausen (Militärverwaltung)
- 1810-1813: Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau, Distrikt Gelnhausen
- 1816: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Hanau, Amt Gelnhausen
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Landkreis Gelnhausen
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hanau
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Landkreis Gelnhausen
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Gelnhausen
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Gelnhausen
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Gelnhausen
- 1968: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gelnhausen
- 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Main-Kinzig-Kreis
Altkreis
Gelnhausen
Gemeindeentwicklung
9.7.1895: Eingemeindung der Reichsburg Gelnhausen Am 1.7.1970 wurde die Stadtgemeinde Gelnhausen gegründet, deren Stadtteil Gelnhausen wurde.
Gericht
- Amtsgerichtsort
- 1822: Justizamt Gelnhausen
- 1867: Amtsgericht Gelnhausen
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- Pfandherren:
- 1349-1435 (1496): Grafen Schwarzburg-Blankenburg,
- 1349-1431/32: Grafen von Hohnstein,
- 1435-1746: Kurfürsten von der Pfalz,
- 1736-1803: Landgrafen von Hessen-Kassel
Zehntverhältnisse
Das Kloster Selbold bekundet 1173, den Nonnen zu Meerholz einige Zehnten u.a. zu Gelnhausen übertragen zu haben.
Kirche und Religion
Ortskirchen
- 1151: Kirche
- 1217: Pleban
- Pfarrkirche 1223 genannt, 1238 Marienkirche und Peterskirche
Patrozinien
- Maria [1151, 1238]
Pfarrzugehörigkeit
Kloster Selbold, Landkapitel Roßdorf
Zur protestantischen Klasse Gelnhausen sind die Burg Gelnhausen und Haitz eingepfarrt
Patronat
Bis 1543 Kloster Selbold, dann von der Stadt erworben. Vgl. Kirchenbehörden
Beginen
1344 stiften Gernod Ziegenbart und seine Frau Metze ein Haus für zwei Begarden neben dem Hainaer Hof; 1348 wird das Haus an Kunze von Breitenbach, von dieser an das Kloster Haina verkauft. Für 1311 werden Beginen genannt, ebenso für 1434 („die armen sustere, die man nennet begynen, in eym gotshuse zu G., daz man nennet daz convent, ordens der dritten regeln“; das Haus soll nahe dem Rathaus liegen.
Diakonische Einrichtungen
01.03.1898 Einweihung Städtisches Kranken- und Siechenhaus; Kindergarten durch Familie Schöffer-Becker gebaut und dotiert; seit 02.05.1889 zwei Diakonissen in der Krankenpflege; eine Schwester am 22.07.1888 durch Pfarramt berufen für Gemeindearbeit und Betreuung Jungfrauenverein Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904 1901 Gemeindepflegestation; 1912 Krankenhaus zugeordnet; ab 05.04.1912 wieder eigenständige kirchliche Einrichtung Sardemann, Geschichte des hessischen Diakonissenhauses zu Cassel, S. 280-281; Diakoniestation bis 1953 (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)
Bekenntniswechsel
Beginn der Reformation 1539 durch die Abschaffung der Prozessionen und "Begraben des Crucifixus".
Erster evangelischer Pfarrer: Peter Strupp 1543-1565, bis 1525 Mönch im Kloster Selbold
Vor 1823 unierte Pfarrei.
Kirchliche Mittelbehörden
Zunächst lag Gelnhausen in der Erzdiözese Mainz, Archidiakonat des Propstes von St. Mariengreden in Mainz, Sendbezirk des Dekanats Roßdorf. Eine Änderung ergab sich mit der Gründung des Stifts Selbold Anfang des 12. Jahrhunderts, das ein eigenes (Klein-) Archidiakonat des Stiftspropstes ausbildete. Hierzu gehörte die Pfarrei Gelnhausen zeitweise. 1404 kam ein Ausgleich zwischen den Pröpsten des Mariengradenstifts und des Stifts Selbold zustande: Selbold behauptete die archidiakonalen Rechte einschließlich der Sendgerichtsbarkeit. Dem Propst von Mariengraden wurde das Pfarramt unterstellt. Er musste jedoch den von Stift Selbold vorgeschlagenen Priester investieren, ohne ein Eignungsprüfungsrecht zu haben (Die deutschen Königspfalzen, S. 623-624).
Juden
Provinzial-Rabbinat Hanau; Altenhaßlau angeschlossen 1734: 33 Familien; 1749: 40 Familien; 1750: 66 Familien; 1835: 407; 1861: 301; 1905: 204; 1932/33: 200 Juden (4,00% der Gesamtbevölkerung); letzte Abmeldung im Oktober 1938. 1947 leben wieder einige Juden im Ort. Ersterwähnung 1260; Verfolgung während der Pest, alle werden Juden getötet und verbrannt; danach sind Juden erst wieder 1360 oder 1362 angesiedelt. 1576 kam es zu Ausweisungen, 1599 leben wieder drei Familien in der Stadt. Die Judengasse lag zwischen Kuhgasse und Untermarkt (neu: Brentanogasse 6), 1705 wird das Judenghetto erstmals erwähnt. Die Synagoge wird 1601 errichtet, im 30jährigen Krieg zerstört; Neuaufbau, 1734/36 erfolgt ein Umbau, Standort in der Judengasse; neben der Synagoge lagen das rituelle Bad, sowie Gemeindehaus mit Israelitischer Schule und Lehrerwohnung. Die Synagoge wird bereits im Juni 1938 geschändet, und im Juli verkauft, danach als Lagerhalle genutzt. In den 1980er Jahren Neubau der Synagoge an alter Stelle; Einweihung September 1986. (alemannia-judaica) Berufe: Viehhandel; Handel, aber auch Buchdrucker, Schuhmacher Der Friedhof wurde vermutlich Anfang des 17. Jahrhunderts angelegt. Er lag außerhalb des zweiten Mauerrings, in der Nähe des Geländes auf dem im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Hinrichtungen bzw. Hexenverbrennungen stattfanden - südlich der Altstadt zwischen Schiffertorturm und Kinzig. (alemannia-judaica)
Kultur
Schulen
1292 Erwähnung eines "Rector puerorum"; nach 1543 Stadtschule und Lateinschule mit drei Klassen erhält Besitz des Franziskanerklosters zur Besoldung der Lehrer
1810 zwei Mädchenklassen; 1841 Einrichtung einer katholischen Parrochialschule (Pfarrschule) zusätzlich zur Stadtschule, 1910 eineklassige katholische Volksschule; nach 1871 zwei Bürgerschulen, davon eine 1891 Umwandlung in eine Mittelschule, zweite bleibt Volksschule (1910 mit 15 Stellen); 1909 Städtische Realschule; 1910 Öffentliche mittlere Schule mit acht Stellen; 1946 Realgymnasium
1890 Landwirtschaftsschule; 1936 Städtische Berufsschule; 1947 Milchwirtschaftliche Lehranstalt für Hessen
Hospitäler
Useit 1233 Hospital zum Heiligen Geist; Umwandlung des Beginenhauses in ein Hospital; dient 1926 als Herberge für umherziehende Arme; 1926 Unterhaltung durch die Stadt (Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 255)
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Wirtschaft
Im Mittelalter Vielzahl an Zünften: 1432 bereits 10 Zünfte (Tuchmacher, Weingärtner, Bäcker, Metzger, Schmiede, Schuhmacher, Gerber, Krämer, Schneider, Schiffleute)
Obst- und Weinanbau bis ins 19. Jahrhundert
19. Jahrhundert Wein-, und Branntweinhandel, Kolonialwarengeschäfte, Gasthäuser; Ausbau des Handwerksbereiches (Gerber, Schuhmacher, Orgelbau, Buchdruckerei) und von Industrieniederlassungen (Zigarrenfabriken, Schokoladenfabriken, Stempelfabriken)
1840 Gummiwerke Veritas (älteste Gummifabrik Deutschlands)
Mühlen
In der Stadtgemarkung zwei ehemalige Stadtmühlen
Markt
1220 verlegte König Friedrich II. den Marköbeler Markt in die Stadt Gelnhausen, weitere Jahrmarktsrechte durch Ferdinand I. (1559), Maximilian II (1571) verliehen
Münze
1282 kaiserliche Münze, nach 1622 keine Nachweise mehr
Zoll
seit 1170 Zollbefreiung der Kaufleute von kaiserlichen Zöllen; nach 1505 Zollrecht bei der Stadt
Nachweise
Literatur
- Die deutschen Königspfalzen
- H. Büttner, Geschichte Stift Selbold
- Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 161-162
- Bickell, Kreis Gelnhausen, S. 3-114
- Dersch, Klosterbuch Nachdr., S. 57-59
- Deutscher Städteatlas, Lieferung 1
- Knappe, Burgen in Hessen, S. 382-383
- Schwind, Gelnhausen
- Kleinfeldt, Kirchenorganisation, S. 38
- Bechtold, Gelnhausen
- Klein, Geschichte des Mühlenwesens, S. 100-110
- Ackermann, Gelnhausen
- Aschkewitz, Pfarrergeschichte des Sprengels Hanau, S. 437ff.
- Germania Judaica 3/1, S. 427
- Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen: Anfang, Untergang, Neubeginn, Bd. 1, S. 240-246
- Hessisches Städtebuch, S.182-187
- Dersch, Klosterbuch, S. 58
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
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„Gelnhausen, Main-Kinzig-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/12367_gelnhausen> (aufgerufen am 26.11.2025)
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