Grüningen

Die Lage von Grüningen im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
6,5 km westlich von Lich
Lage und Verkehrslage
Geschlossenes Dorf mit regelhaften Grundrißmerkmalen am auslaufenden O-Hang des Wartberges. Kirche im Südteil in leicht erhöhter Lage. Moderne Siedlung im Süden und N. entlang der Ausfallstraße. Grüningen liegt an der nördlichen Ausbuchtung des Wetterauer Limes, östlich der Weinstraße an der Verbindung Holzheim - Watzenborn-Steinberg und Lang-Göns - Dorf-Güll
Ersterwähnung
799
Siedlungsentwicklung
Ehem. Wasserburg mit quadratischem Grundriß im Westen des alten Ortskerns vermutlich von Graf Gottfried VIII. von Eppstein in der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert an der Stelle einer älteren Anlage erbaut (1436 genannt). Stumpf eines Rundturmes an der Nordwesten-Ecke. Die Burganlage war in die Stadtmauer integriert, der eine ältere Dorfbefestigung vorausgeht. Zerstörung der Burg durch Brand 1634. Inzwischen abgetragene Tore (Gießener und Butzbacher Tor) standen an der Hauptstr., Diebsturm im Nordwesten noch erhalten.
Historische Namensformen
- Gruningen, in (799) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 2968=3763c]
- Gruoninger marca, in (799) [2. Hälfte XII Jh., Codex Laureshamensis III, Nr. 2968=3763c]
- Gruningen, in (802/17) [2. Hälfte XII Jh., Codex Eberhardi 1 II S. 213 = Dronke, Traditiones Capitulum 42 Nr. 190]
- Gruninge, in bzw. de (1247) [Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3, Nr. 52]
- Grunij[n]gen (1397) [HStAD Bestand B 9 in Nr. 209 = HStAD Bestand A 3 Nr. 404/1]
- Grünyngen ... Grynygen, zu (1459) [Baur, Hessische Urkunden 4, Nr. 190]
Bezeichnung der Siedlung
- Markt 1397, Stadtsiegelankündigung 1421 (der Stede Ingesigil), burg und stat 1459
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
- Bergheim
- Beringheim
- Grüningen, Burg (→ Burgen, Schlösser, Herrenhäuser)
Burgen und Befestigungen
- Burg Grüningen
- Kleinkastell Hainhaus ca. 1,2 km nördlich von Grüningen mit einer Fläche von 0,3 Hektar. Limeshof (neu).
- Wartberg im W; „Burg“ bei Görich im Ortsbereich markiert. Flurname „hinter der Burg“ im westlich Ortsbereich. Am Nordwest-Rand der Gemarkung Flurname Galgenfeld
Älteste Gemarkungskarte
1846-1896 (Gefällkataster), 1915
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3480950, 5597137
UTM: 32 U 480883 5595338
WGS84: 50.509694° N, 8.730392° O
Statistik
Ortskennziffer
531014030
Flächennutzungsstatistik
- 1854 (Morgen): 2757, davon 1820 Acker, 173 Wiesen, 765 Wald
- 1961 (Hektar): 764, davon 172 Wald
Einwohnerstatistik
- 1834: 567 Einwohner
- 1885: 757 Einwohner
- 1925: 737 Einwohner
- 1939: 776 Einwohner
- 1950: 1164 Einwohner
- 1961: 1128 Einwohner
- 1830: 533 evangelische Einwohner, 8 Juden
- 1961: 874 evangelische, 237 römisch-katholische Einwohner
- 1961 (Erwerbspers.): 197 Land- und Forstwirtsch., 241 Prod. Gewerbe, 63 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 67 Dienstleistung(en) und Sonstige
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 799: Wetterau
- Mitte 15. Jahrhundert vorübergehend Amtssitz Grüningen unter Werner von Eppstein-Münzenberg
- 1548 und später: Amt Butzbach
- 1787: Fürst zu Solms-Braunfels (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Grüningen
- 1806: Großherzogtum Hessen, Souveränitätslande, Provinz Oberhessen, Amt Grüningen (zur Standesherrschaft Solms gehörig)
- 1820-1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Grüningen
- 1822: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
- 1841: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen
- 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
- 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
Altkreis
Gießen
Gemeindeentwicklung
Am 31.12.1970 Eingliederung nach Pohlheim
Gericht
- 1210: Mittelpunkt eines gleichnamigen Gerichts der Herren von Münzenberg und deren Erben, der Herren von Falkenstein
- 1820-1822: Standesherrl. Amt Grüningen
- 1822-1853: Landgericht Hungen
- 1853-1879: Landgericht
- seit 1879: Amtsgericht Lich
- 1913 Amtsgericht Gießen
Herrschaft
- 1210 werden Liegenschaften zu Holzheim in communi placito vulgo dicitur Sprak (burk) apud Gruningen an Kloster Arnsburg übertragen (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 4). 1252 befreit Ulrich von Münzenberg das Kloster Arnsburg mit den Einwohner zu Lich und Grüningen von allen Arten von Abgaben und Diensten (Baur, Hessische Urkunden 1 (Starkenburg und Oberhessen) Nr. 1287). Bei der Teilung der Herrschaft Münzenberg unter den Söhnen Philipps von Falkenstein fällt 1271 das Gericht Grüningen an Philipp von Falkenstein (Butzbacher Linie), sein Bruder Werner (Licher Linie) erhält ebd. vom dortigen Hof jährl. Abgaben in Höhe von 2 Pfd. (Gudenus, Codex diplomaticus sive anecdotorum 2Nr. 139, Scriba, Bickenbach, S. 240-242 Nr. 14) Zentgraf 1278 (Urkundenbuch der Herren von Hanau 1 Nr. 571). 1397 erlaubt König Wenzel, daß Philipp von Falkenstein zu Ziegenberg, Grüningen, Laubach, Ruppertsburg und Petterweil Halsgericht, Stöcke und Galgen haben kann und damit nach Landesbrauch zu richten (Solms. Urkunde Nr. 587, vgl. Nr. 601). Verleihung der Stadtrechte 1400 (Festschrift Grüningen 799-1999, S. 46-47).
- Mit dem westl. Teil der ehem. Herrschaft Münzenberg gelangt das Gericht Grüningen 1419 als Teil der falkenstein. Erbschaft an die Herren von Eppstein. 1464 verkauft Gottfried von Eppstein-Münzenberg u.a. die Hälfte von Grüningen an Graf Otto von Solms. 1469 teilen Eppstein-Münzenberg und Solms den bis dahin gemeinsam verwalteten Besitz an Grüningen. 1478 erwirbt Graf Otto von Solms als Vormund der Kinder des verstorbenen Graf Kuno von Solms die königstein. Anteile an Butzbach, Grüningen, Nieder-Weisel mit Hausen, die beiden Dörfer Eberstadt und Hörgern... und am Hain bei Arnsburg (Solmser Urkunden 2 Nr. 1762).
- Seit dem 14. Jahrhundert werden bei Verkäufen vor dem Gericht neben Grüningener Schöffen auch solche aus Münzenberg gen. Mit der Falkensteiner Erbschaft, und zwar dem Butzbacher Drittel, kam Grüningen an die Linie Eppstein-Münzenberg mit Wüstung Berinkheim, Holzheim, Dorf-Güll. 1522 erben Solms-Braunfels die Hälfte von Grüningen sowie Holzheim und Dorf-Güll, sowie Solms-Lich und Stolberg jeweils 1 Viertel an Grüningen. 1685 erwirbt Solms-Braunfels das Licher, 1712 das Stolberger Viertel, seitdem war Grüningen ganz solms-braunfelsisch.
- Stadtherrschaft zunächst falkensteinisch, dann eppsteinisch, später beim Haus Solms. Häufige Verpfändung und Teilung der Herrschaft. - Bürgermeister 1410, Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt Grüningen 1468 (Solmser Urkunden 2 Nr.1573). s(igillum) opidi in Gruningen (1459-1490)
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
Lorsch, Kloster 799 schenkt Seckehart Kloster Lorsch seinen Besitz in der Grüningener Mark, (Wüstung) Bergheim, in der Güller und Licher Mark, in (Wüstung) Feldheim, in der Weiseler Mark, in Holzheim und (Wüstung) Berincheim mit insgesamt 48 Manzipien (vgl. Ziff. 2a).Fulda, Kloster 802/817 überträgt Reginhard dem Kloster Fulda seine Güter und 9 Mancipien in Grüningen.Arnsburg, Kloster 1151 stattet Konrad von Hagen Kloster Arnsburg bei dessen Gründung mit dem Zehnten von 14 Tagwerken Acker aus, den sie zuvor von der Kirche zu Grüningen angelöst hatten (Mainzer Urkundenbuch 2, 1 Nr. 159).Eppstein, Herren 1261 überträgt Gottfried von Eppstein dem Grüningen von Krumbach auf Wunsch von dessen Bruder C. von Krumbach die Lehen, die lange Zeit Giselbert von Göns und dessen Vorfahren in Grüningen besessen hatten (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 93).Altenberg, Kloster 1266 verkaufen die v,. Weinsberg und von Lichtenberg Kloster Altenberg für 120 Mark köln. Pfennige ihren Hof zu Grüningen (Solmser Urkunden 1 Nr. 14).- 1369 weist Konrad von Albach Arnsburg als Unterpfand für eine dem Kloster Geschenkte Gülte Güterbesitz zu Grüningen an (Nr. 982). 1391 bezieht Arnsburg 2 Malter Korngeld von dem Unterpfand zu Grüningen und Beringheim (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 982, 1099.
Niederweisel, Johanniter 1273 vermacht der Wetzlarer Bürger Eckhard den Johannitern zu Niederweisel zwei Teile seines Hofs zu Grüningen, den er vom Herrn von Weinsberg gekauft hat, behält sich aber lebenslange Nutzung vor.Marienborn (Büdingen), Kloster 1285 erneuert die Wetzlarer Bürgerin Hedwig, Witwe Eckhard Krämers, eine frühere Überweisung von Gütern zu Grüningen an Kloster Marienborn (Urkundenbuch der Stadt Wetzlar 1 Nr. 189, 270).Schiffenberg, Augustinerchorfrauenstift Zelle Stift Zelle (Schiffenberg) verfügt im 14. Jahrhundert über Pachteinnahmen (Römer, Einkünfteverzeichnisse).- 1355 bewittumt Philipp von Falkenstein-Münzenberg seine Schwester Agnes u.a. mit Gülten zu zu Grüningen, Holzheim, Güll und Bergheim (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 1104). 1394 wird Dietrich von Falkenberg Burgmann Philipps von Falkenstein in Grüningen (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 1769). 1410 bekommt Hermann von Hochweisel Einkünfte von dem Trierer Erzbischof Werner von Falkenstein auf die Steuer zu Grüningen (Löffler, Herren von Falkenstein Bd. 2 Nr. 2276). 1464 bekennen die von Eppstein und von Eppstein-Königstein, daß sie ihrem Grüningener Amtmann Dietrich Giseler eine Hofstatt zu Grüningen neben der Burg zwischen der Brücke und dem Kirchhof übertragen haben mit der Erlaubnis, Haus und Scheuer darauf zu bauen (Solmser Urkunden 2 Nr. 1510; mit Urkunde von 1266 zusammengebunden).
Zehntverhältnisse
Kirche und Religion
Ortskirchen
- Mater eclesia 1151 (Mainzer Urkundenbuch 2, 1 Nr. 159), Pfarrei und Pleban 1229 (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 13,14), 1695 zudem Kaplanei.
Patrozinien
- Martinus [1479]
Pfarrzugehörigkeit
Eingepfarrt 1276: Filiale Holzheim, die nach 1309 zur Pfarrei erhoben wird (F. Herrmann, Inventare 1920, S. 467 Nr. 1), 1276 Hof-Güll, 1338 Bergheim, 1421-1768 Dorf-Güll.
Patronat
Patrone sind 1151 die Herren von Hagen-Arnsburg, später von Münzenberg; seit 1255 Herren von Falkenstein, die 1380 Kloster Arnsburg den Patronat der Kirche von Grüningen übertragen, das die Kirche inkorporiert. (Würdtwein, Dioecesis Moguntina 3 Nr.50). 1803 kommt der Patronat an das Gesamthaus Solms, 1811 an Solms-Rödelheim. 1276 löst Kloster Arnsburg seinen Anteil an den Baulasten von Kirche und Friedhof zu Grüningen ab gegen Übergabe von 3 Joch Acker in Klein-Holzheim (Urkundenbuch des Klosters Arnsburg 3 Nr. 153).
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Kaspar Homberg 1560 bis nach 1580
Reformierter Bekenntniswechsel: 1580er Jahre
Kirchliche Mittelbehörden
15. Jahrhundert: Sendbezirk im Dekanat Friedberg, Archidiakonat St. Mariengreden zu Mainz, Sendbezirk Grüningen
Juden
Juden in Grüningen schon im 17. Jahrhundert 1830: 8, 1905: 23, 1910: 15, 1925: 9 Juden. Der Friedhof diente auch den Juden aus Holzheim als Begräbnisstätte . Er wurde im 19. Jahrhundert in der Schulstraße angelegt. Der alte Friedhof, der nur von Grüningen genutzt wurde, lag am Dorf-Güller-Weg. (alemannia-judaica)
Kultur
Schulen
um 1534 Gründung einer Schule durch Stiftung des Mainzer Weihbischofs Paul Hutthen, der aus Grüningen stammt; Schulmeister: Abraham Thumernit 1548-1553; Umwandlung in
Stadt- und Lateinschule spätestens seit 1617; 1910 Volksschule mit zwei Klassen, Schulhaus von 1907
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Als Zubehör des Gerichts Grüningen sind 1355 die Dörfer Grüningen, Holzheim, Güll und Beringheim zu erschließen (Kropat, Reich, S. 165 Anm. 48). 1548 und später: Gericht(?) im Amt Butzbach (Solmser Urkunden 3 Nr. 2866). Im 15. Jahrhundert gehörten zum Sendbezirk von Grüningen: Grüningen und Holzheim
1450 mit Tuchen auf der Frankfurter Messe
bis Anfang 19. Jahrhundert sind Haupterwerbsbereiche Weberei, Färberei, Branntweinbrennerei und Landwirtschaft
Nachweise
Literatur
- Festschrift Grüningen 799-1999
- Küther, Pohlheim, S. 259-296
- Ammann, Hessischer Raum
- Schäfer, Herren von Eppstein, S. 86
- Römer in Hessen, S. 405
- Küther, Marienstift Lich, S. 22f.
- Doepner, Altenberg, S. 435
- Schwarz, Markwald Grüningen - Dorf-Güll
- Kleinfeldt, Kirchenorganisation, S. 22
- Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch für die hessen-darmstädtischen Souveränitätslande, S. 173ff.
- Krapp, Hessische Schulstatistik, S. 131
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
- Burgen, Schlösser, Herrenhäuser
- Hessische Flurnamen
- Historische Kartenwerke
- Jüdische Friedhöfe
- Topografische Karten
Personen
Quellen und Materialien
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Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Grüningen, Gießen“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/10309_grueningen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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